Ein kleiner geschichtlicher Rückblick über die Berner Oberländische Kunstturnervereinigung OKV

Unter dem Patronat des Oberländischen Bezirksturnverbandes wurde im Jahr 1917 eine Oberländische Einzelturnvereinigung, der sich die National- und Kunstturner anschlossen, gegründet. Da dieser Vereinigung vor allem Kunstturner angehörten, wurde bereits 1920 die Auflösung beschlossen. Die Turnkameraden Ernst Wyler, Alois Baumann und Fritz Iseli wurden gleichzeitig mit der Gründung einer Oberländischen Kunstturnervereinigung OKV beauftragt.

Am Sonntag, den 18. April 1920, wurde dann in der «Krone» Thun diese Vereinigung gegründet. Erster Präsident wurde Ernst Wyler, Oberdiessbach, technischer Leiter Jean Meier, Interlaken. Sofort wurde die Kurstätigkeit aufgenommen, und nach einem Jahr zählte die Vereinigung 130 Aktivmitglieder.

In der Adlerhalle in Interlaken wurde am 10. Februar ein Schauturnen zur Stärkung der Vereinsfinanzen durchgeführt.

Fleissig wurden in der Folge die Bezirksturnfeste, auch die der anderen Landesteile, und die vielen Kunstturnertage besucht. Die ersten eidgenössischen Kränze errangen Jean Meier, Anton Haselbeck, Paul Küffer und Georges Miez.

Das Jahr 1928 war für die Vereinigung enttäuschend. Einmal hatte der Kassier Mühe mit der Rechnungsablage. Dann unterlag die OKV mit einem Antrag, die Bezirksvereinigungen aufzulösen, an der kantonalen Abgeordnetenversammlung, und schliesslich konnten keine Reiseentschädigungen mehr ausbezahlt werden, worauf der Kursbesuch mager wurde. Der scheidende Präsident Bruno Campiotti bemerkte: «In einer Zeit, wo der Sport und namentlich die Leichtathletik in den Mittelpunkt der Körperkultur tritt, hält es schwer, noch für das alte Turnen — Geräteturnen — einzustehen.» Um zu zeigen, dass die Vereinigung auch später Höhen und Tiefen durchstehen musste, seien nachfolgend einige Protokollauszüge dargeboten:

  • 1931 Emil Lienhard: «Es gibt leider heute noch Turner, die an Wettkämpfen eine ehrliche Niederlage nicht zu ertragen wissen. Die ungerechtfertigte Aneignung eines nicht verdienten Kranzes ist ein ganz verwerfliches Ding.»
  • 1935 Werner Marty: «Betrübend ist, dass zu den Ausscheidungen, zu denen wir 20 Turner einluden, sage und schreibe deren 7 erschienen sind.»
  • Zu den Jubiläumsveranstaltungen 1936 des Bezirksturnverbandes in Interlaken war nur der Präsident geladen. Auf die Mitwirkung der Vereinigung wurde verzichtet.

 

Am Kantonalen Kunstturnertag in Steffisburg 1939 errangen die Oberländer Kunstturner 17 Kränze. Das war ein grosser Erfolg.


Filmausschnitt Kantonales Turnfest 1934 in Thun:


 

 Kriegs- und Nachkriegsjahre

Die Turnhallen und Säle standen nicht mehr zur Verfügung, die meisten Kursleiter waren oft lange Zeit im Militärdienst. Die Vereinigung zählte bald einmal noch 30 Turner.

1941 Ernst Oesch: «Das war eine Chnorzerei, bis ich die 7 Mann für den Gerätematch Emmental/Oberland auftreiben konnte. 3 Turner waren im Militärdienst und unser bester Mann, Alfred Jenk, teilte mir drei Tage vorher mit, er werde gerade geimpft und könne vermutlich nicht turnen.»

Entgegen allen Schwierigkeiten wurde eine bescheidene Wettkampftätigkeit aufrechterhalten. Ein Höhepunkt in dieser düsteren Zeit war der Kantonale Kunstturnertag in Sigriswil im Jahr 1942.

1945, an der Hauptversammlung, konnte der Präsident verkünden: «Wir haben 55 Neueintritte, und die alten Protokolle der ersten Jahre sind auch gefunden worden, so dass die Vergangenheit wieder zu rekonstruieren ist.»

Der Kunstturnermatch im «Bären» Dürrenast 1951, Oberland gegen die Kunstturnerriege des TV Luzern-Bürger, war ein grosser Erfolg. Die 500 Zuschauer waren begeistert. «Als Sepp Stalder mit seiner wahrhaft weltmeisterlichen Übung am Reck den Wettkampf beendet hatte, da wollte der gewaltige Beifall kein Ende mehr nehmen», schrieb der Berichterstatter Scheuber.

1952 turnte der Thuner Ernst Fivian in der Schweizer Mannschaft an den Olympischen Spielen in Helsinki.

Ein wichtiger Anlass im Turnerjahr war jeweils der Gerätematch gegen einen anderen Landesteil. Vor allem mit dem Oberwallis wurde die Turnerkameradschaft grossgeschrieben. Die Oberländer verloren 1957 einen solchen Wettkampf in Goldiwil gegen die Emmentaler mit folgender Begründung: «Unsere Gäste waren so begeistert vom schönen Goldiwiler Turnplatz mit der prächtigen Aussicht auf den Thunersee und die umliegenden Berge. Aus lauter Begeisterung kamen sie so in Schuss, dass unsere Mannschaft den Kürzeren ziehen musste.»

1962 klagte Ernst Kurz: «Leider gibt es Sektionen, welche in den Turnstunden nur das Sektionsturnen pflegen. Dabei vergessen diese löblichen Leiter, dass gute Einzelturner der beste Grundstock für eine vorbildliche Sektion sind. Ins gleiche Kapitel gehört das ewige Ballspiel während des Freiturnens. Wo sollen da die Kunstturner noch üben können, wenn ständig Bälle herumfliegen?»

1963 sprach man erstmals über ein Trainingszentrum, und 1966 fand in Spiez die erste Gerätemeisterschaft für Oberländer Jungturner statt. Die OKV stellte die Kampfrichter.

  

Neue Strukturen

Misserfolge unserer Kunstturner auf internationaler Ebene zwangen die obersten Techniker der EKV zu einem Neuüberdenken des Trainingsaufbaus. 1968 erschien das sogenannte Klassifizierungsprogramm. Für jede Stufe (Klasse) wurde nun der Lehrstoff vorgeschrieben und aufeinander abgestimmt. Nach einer Prüfung (Test) konnte man in der nächst höheren Klasse weiter turnen. Da die Anforderungen recht anspruchsvoll waren, erreichten nur wenige Turner die 5. oder 6. Leistungsklasse. Ein erhöhter Trainingsaufwand und gut ausgebildete Leiter waren Voraussetzung. Dieser Leitermangel wirkte sich zunächst verheerend aus. Viele ältere Sektionsturner sahen keine Möglichkeiten mehr, an Wettkämpfen teilzunehmen und resignierten. Die Überbeschäftigung in der Wirtschaft liess den Turnern wenig Freizeit, und die Neuorganisation Jugend+Sport verlangte nach neu ausgebildeten Leitern. Der ETV erkannte, vielleicht etwas spät, diese Negativentwicklung und baute das Geräteturnen auf, das nun unter der Obhut des OTV zu gedeihen beginnt. Die guten Leistungen einiger Oberländer im Sektionsgeräteturnen zeugen davon.

Die Kunstturnervereinigung betreute fortan das eigentliche Kunstturnen. Nach jahrelanger Arbeit der Leiter, die ihre ganze Freizeit der Ausbildung der jungen Kunstturner gewidmet haben, ist ein erstes Teilziel erreicht. Am Eidgenössischen Turnfest in Winterthur 1984 errangen von den 13 Oberländer Kunstturnern deren 5 den begehrten Kranz. Es waren dies:

  • von Allmen Ernst, 9. Rang
  • von Allmen Kurt 51.
  • Mätzener Hugo 52.
  • Kurz Fredi 53.
  • Rohrer Konrad 61

Der Böniger Turner musste wegen 0,25 Punkten Rückstand an den Olympischen Spielen 1984 in Los Angeles seinen Turnerkameraden beim Wettkampf zuschauen — Pech.

 

Die Oberländische Kunstturnervereinigung ist trotz dem erreichten AHV-Alter (65 Jahre) jung und lebendig geblieben. Sie arbeitet vor allem bei Turnfesten mit dem OTV zusammen, organisiert und betreut das Kunstturnen. Als Gegenleistung helfen die Turnvereine oft bei der Organisation der Kunstturneranlässe.

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Quelle: "100 Jahre Oberländischer Turnverband 1886 - 1986"



Eine weitere Quelle berichtet:

Quelle: 50 Jahre Kunstturnervereinigung des Kantons Bern 1920 – 1970

 

Die Gründungsversammlung im Hotel Krone in Thun fiel auf den 18. April 1920. Als Gründer werden genannt: Ernst Wyler, Oberdiessbach, Fritz Baumann, Thun-Bürger und Fritz Iseli, Steffisburg. Alle 3 sind inzwischen verstorben. In den Jahren 1919/20 bestand eine sogenannte "Einzelturn-Vereinigung Thun-West" mit dem Zweck, die Einzelturner sämtlicher Turngattungen zusammenzuschliessen und zu fördern. Da vornehmlich Kunstturner dieser Vereinigung angehörten, wurde beschlossen, diese Vereinigung aufzulösen und die Vorgenannten erhielten den Auftrag, die Gründung einer oberländischen Kunstturner-Vereinigung an die Hand zu nehmen. Als wichtige Anlässe im Unterverband werden die eigenen Kurse, die oberländische Gerätemeisterschaft und die jährlichen Hauptversammlungen erwähnt.

 

Die Mitgliederbewegung vermittelt uns folgende Zahlen: An der ersten Hauptversammlung 1921 waren es 130 Aktivmitglieder. In den darauffolgenden Jahren vermehrte sich die Vereinigung dann auch mit Passivmitgliedern. Heute ist der Bestand der Vereinigung 70 Aktive, 57 Passive, 28 Veteranen, 13 Ehrenmitglieder und 6 Vorstandsmitglieder, somit total 174 Mitglieder.

 

Die Verhältnisse zur kantonalen Kunstturner-Vereinigung waren allgemein befriedigend. Als besondere Auszeichnung im Unterverband gilt die Ehrenmitgliedschaft.

Zu Ehrenmitgliedern wurden für ihre grossen Verdienste um die Vereinigung Oberland ernannt:

 

Hollenweger Emil

Thun

Jung Albert

Interlaken

Hägler Gustav

Thun

Scheuber Franz

Thun

Vogt Fritz

Oberdiessbach

Umhang Karl

Thun

Ott Emil

Thun

Wyss Otto

Thun

Kurz Ernst

Hünibach

Michel Hansruedi

Bönigen

Meyer Ernst

Thun

Schütz Paul

Thun

Bühler Werner

Thun

 

Zu Ehren bei der kantonalen Kunstturner- Vereinigung kamen folgende Turner, die mit der Ehrenmitgliedschaft ausgezeichnet wurden:

Hägler Gustav

Thun

Hollenweger Emil

Hünibach

Jung Albert

Interlaken

Ott Emil

Thun

Scheuber Franz

Thun

Wyss Otto

Allmendingen

Umhang Karl

Thun

Vogt Fritz

Oberdiessbach

Kurz Ernst

Hünibach

 

Die Kunstturner-Vereinigung Oberland hatte folgende Vertreter in den Kantonalvorstand und in das Technische Komitee abgeordnet:

Meier Johann

Interlaken

1924-1928

 

Wyler Ernst

Oberdiessbach

 

 

Zobrist Eduard

Unterseen

 

 

Lienhard Emil

Thun

 

Kassier

Jung Albert

Interlaken

 

 

Hollenweger Emil

Thun

 

Sekretär

Schorrer Arnold

Steffisburg

 

Kassier

Hügler Gustav

Thun

1944—1947

Sekretär

 

 

1948-1953

Techn. Leiter

 

 

1953-1957

Beisitzer

Vogt Fritz

Oberdiessbach

 

Sekr. u. Pressechef

Umhang Karl

Thun-Strättligen

1954-1957

Sekr. TK

 

 

1958-1963

Techn. Leiter

 

 

1964-1970

Beisitzer

Meyer Ernst

Thun-Strättligen

 

Kassier